"Hinweis auf Restrisiken am richtigen Ort": 5 Fragen an Suva-Experte Mauritius Bollier
Technikredaktor, Weiterbildung, Dozierende, Berufsprüfung, technische Texte, Nutzungsinformationen, Maschinenverdnung, Restrisiken, Risikoanalyse, Maschinenrichtlinien, Normen, Recherche, New Green Deal, Digital Product Pass, digitaler Produktpass5 Fragen an Mauritius Bollier, Dozent für Produktsicherheit und Normen (Modul R). Das 4-tägige Modul "Rechtliche und normative Grundlagen" (Modul R) startet am Freitag, 5. September 2025, und schliesst mit einer Prüfung im Oktober ab.
Hier geht's zur Anmeldung für den Vorbereitungskurs Technikredaktor mit Eidg. Berufsprüfung.
-
Mauritius, du dozierst seit vergangenem Jahr bei der TKSM. Was ist deine Aufgabe bei der Suva?
Ich arbeite im Bereich Technik der Suva. Der Bereich Technik ist als Zertifizierungsstelle europäisch notifiziert für Baumusterprüfungen von Maschinen und Schutzausrüstungen gegen Absturz.
Die Unterstützung des Maschinenherstellers im Bereich der Maschinensicherheit bildet ebenfalls eine Dienstleistung des Bereichs Technik. Meine Aufgaben sind Baumusterprüfungen und Unterstützung des Herstellers im Bereich von Blech- und Kunststoffverarbeitungsmaschinen sowie Schutzausrüs-tungen gegen Absturz. Zusätzlich referiere ich auch in Suva-Seminaren im Bereich der Maschinensicherheit.
-
Es wird viel über Produktsicherheit gesprochen. Welche drei Punkte würdest du einem Technikredaktor/einer Technikredaktorin für den Alltag mitgeben?
Ausgangspunkt für eine Betriebsanleitung ist stets eine möglichst vollständige Risikobeurteilung/-minderung.
Für das Produkt relevante gelistete harmonisierte Normen sind möglichst berücksichtigen. Dies hilft die Übereinstimmung des Produktes und der dazugehörigen Betriebsanleitung mit den gesetzlichen Anforderungen nachzuweisen.
Der Technikredaktor/ die Technikredaktorien muss das Produkt verstehen, für welches eine Be-triebsanleitung erarbeitet werden soll. Nur so ist es möglich die Anleitung möglichst kurz, vollständig und gut strukturiert darzustellen.
-
Die neue Maschinenverordnung tritt demnächst in Kraft. Was sind die wichtigsten Änderungen gegenüber der bisherigen Maschinenrichtlinie?
Pflichten der Wirtschaftakteure vor und nach dem Inverkehrbringen der Maschine
Möglichkeiten Betriebsanleitungen in bestimmten Fällen digital zur Verfügung zu stellen
Berücksichtigung neuer Technologien wie künstliche Intelligenz, Fernzugriff auf Maschinen, kollaborierende Roboter, autonome, selbstfahrenden Fahrzeuge.
-
Inwiefern betrifft die Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 die Schweiz. Gibt es Unterschiede zum EU-Raum?
Die europäische Maschinenverordnung wird über die schweizerische Maschinenverordnung in die schweizerische Gesetzgebung eingebunden. Beim Zustandekommen des Rahmenvertrags zwischen der Europäischen Union und der Schweiz wird es zu einer gegenseitigen Anerkennung der Konformi-tätsbewertung kommen, wie wir dies heute im Bereich der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG kennen. Kommt das Rahmenabkommen nicht zustande, wird vermutlich die Schweiz von der Europäischen Union als Drittland betrachtet. Schweizer Maschinenhersteller müssten in diesem Fall einen Einführer im Europäischen Wirtschaftraum benennen, wenn sie eine Maschine in diesem Wirtschaftsraum in Verkehr bringen möchten.
- Viele Nutzungsinformationen strotzen nur so vor Warnhinweisen, so dass diese gar eher hinderlich anstatt förderlich sind. Gibt es ein Rezept, wie viele Sicherheitshinweise sinnvoll sind?
Falls trotz inhärent sicherer Konstruktion und dem Einsatz technischer und ergänzender
Schutzmaßnahmen Risiken verbleiben, muss die Nutzungsinformation auf jegliche Restrisiken hinweisen. Welche Hinweise auf Restrisiken und Warnhinweise in der Nutzungsinformation gegeben werden müssen, sind den relevanten Normen zu entnehmen. Um die Lesbarkeit der Nutzungsinformation zu verbessern, sind Hinweise auf Restrisiken, welche ausschliesslich in einzelnen Situationen vorkommen, dort zu platzieren, wo das Vorgehen in diesen Situationen beschrieben ist.
Hier geht's zur Anmeldung für den Vorbereitungskurs Technikredaktor mit Eidg. Berufsprüfung. Alle Module können einzeln als Form einer persönlichen Weiterbildung belegt und abgeschlossen werden.
Zur Person
Mauritius Bollier ist Sicherheitsingenieur in der Zertifizierungsstelle des Bereichs Technik und Verantwortlicher für Seminare über die Maschinensicherheit bei Suva.
Unterrichtete Themen im Modul R (Rechliche und normative Grundlagen):
- Aspekte des betrieblichen und persönlichen Risk Managements zur Produktehaftpflicht und Produktesicherheit
- Urheberrechtliche Aspekte
- Rechtliche Aspekte der Digitalisierung und der Verwendung von KI
- New Green Deal, Digital Product Pass (digitaler Produktepass)
- Normenrecherche
- Maschinensicherheit und Risikoanalyse
- Maschinenrichtlinie und Maschinenverordnung
- Grundlagen des Haftpflichtrechts
- Persönliche Haftung von technischen Redaktor:innen
- Grundlagen des Schweizer und europäischen Produktsicherheitsrechts (mit Ausblick auf die geänderte Rechtssituation in der Europäischen Union)